Sandra Meijer veröffentlichte als Selfpublisher ihre ersten beiden Romane binnen sieben Monaten. Der dritte folgte drei Jahre später. Sie lebt und arbeitet im Münsterland. Über ihr Leben als Autorin berichtet sie in ihrem Blog und auf ihrer Facebookseite. Hautnah erleben sie ihre Leser(innen) bei einer Lesung, in der sie ihre Zuschauer zum Mitmachen einlädt. Es ist immer ein Erlebnis auf diese offene und aufmerksame Autorin zu treffen. Sie nimmt sich für jeden Zeit und schenkt ihnen ihre Aufmerksamkeit. Kein Wunder also, dass sie mit fast 6.000 verkauften Exemplaren bereits einen respektablen Meilenstein zu Beginn ihrer Karriere absolviert hat.
Entstehung
Wie kommt man auf die Idee zum Roman?
Das war bei meinen beiden veröffentlichten Romanen ziemlich unterschiedlich. Den ersten Roman habe ich als „Schreibübung“ begonnen. Ich hatte mit meinem besten Freund eine Reise durch Südeuropa geplant. Diese Reise ist allerdings aus verschiedenen Gründen ins Wasser gefallen. Für die Schreibübung habe ich dann die Reiseführer wieder zur Hand genommen und es entwickelte sich die Geschichte von Alex und ihrem Lottogewinn daraus.
Beim zweiten Roman „Das Blumentattoo“ war es eine Szene der Geschichte, die ich plötzlich vor Augen hatte, beim Musik hören im Wagen. Sie wurde von mir noch etwas umgewandelt, gab aber letztlich dann den Startschuss für den zweiten Roman.
Wo sammelst Du Deine Inspirationen?
Seit die beiden Romane da sind, stürzen die Ideen nur so auf mich ein. Meistens durch Begegnungen mit Personen oder beim Erleben von Situationen. Das können Millisekunden sein, die sich dann in mir direkt zu einer Storyline entspinnen. Allerdings wird nicht aus jeder Idee auch ein Roman. Beispielsweise bist Du morgens beim Bäcker und der Wartende vor Dir kommt Dir etwas zwielichtig vor. Was wenn es ein Geheimagent ist? Was würde der morgens beim Bäcker machen? Wo kommt er her? Wo will er hin? Wieso macht er etwas, dass so banal ist, wie Brötchen kaufen? Und am Ende kann sich eine solche Idee in einen Roman verwandeln, oder ein Teil davon werden.
Du hast eine Idee im Kopf, und dann?
In der Regel gebe ich den Gedanken ein paar Tage oder Wochen Zeit in meinem Kopf zu wachsen. Von einer einzelnen Szene entspinnt sich dann langsam ein Faden, wie ein Spinnennetz. Es entstehen Figuren und Situationen. Die Szenen oder die Idee werden durch mich immer wieder geprüft. Passt das zusammen? Macht es Sinn? Ich verwende vor allem gerne Zeit mit der Entwicklung von Figuren. Diese zu formen, bis – zumindest gedanklich – ein kompletter Charakter entstanden ist, ist eine wirklich spannende Zeit. Man verbringt dann viel Zeit mit diesen Charakteren und sie scheinen einem fast schon real. Entsprechend sollte man diese auch so realitätsnah wie möglich gestalten. Ein Charakter, der unnatürlich wirkt, wird beim Leser / der Leserin auch nicht wirklich für Begeisterung sorgen.
Wie nah sind Deine Geschichten an der Realität? Hast du selber Szenen aus den Romanen erlebt?
<lacht> Nein. Leider habe ich (noch) nicht im Lotto gewonnen wie Alex in „Jackpot“ und zum Glück habe ich auch nicht so heftige Geschichten erlebt wie Chucco und Rosalie in „Das Blumentattoo“. Aber es gibt durchaus Charaktereigenschaften an Figuren oder Szenen in den Romanen, denen ich so oder so ähnlich schon mal begegnet bin. Zum Beispiel sagen mir meine Freunde immer wieder, dass ich Alex sehr viel von mir mitgegeben habe, was mir schmeichelt, ich jedoch anders sehe. Für mich hat sie zwar gewisse Parallelen zu mir, im Laufe der Zeit hat sie sich aber in eine andere Richtung entwickelt und wurde zu ihrer eigenen Persönlichkeit.
Was ich bewusst mitgegeben habe, sind die Szenen und Eindrücke aus Zeeland im Roman „Das Blumentattoo“. Für mich einer der schönsten Orte die es gibt. Seit vielen Jahren fahre ich dort hin in den Urlaub und ich habe mein Herz an diesen Landstrich verloren. Es war mir ein großes Bedürfnis diesem Teil von mir einen Platz zu geben. Vor allem, weil sich das Motto des Landstrichs „Luctor et emergo“ was soviel bedeutet wie „untergegangen und wieder auferstanden“ in der Geschichte der beiden Protagonisten wiederspiegelt.
Arbeit
Wo schreibst Du am liebsten?
Am allerliebsten bin ich draußen in der Natur, auch beim Schreiben. Im Garten. Auf der Terrasse. Ich bin ein absoluter Sommermensch und warme Sonne auf der Haut, die Ruhe und Grün um mich herum ist mir das Liebste. Da kann ich dann prima in die Geschichten abtauchen und stundenlang vor mich ihn schreiben.
Wie viele Stunden Arbeit steckst Du im Schnitt in Deine Bücher?
Für die aktive Arbeit an einem Roman, also das tatsächliche Schreiben, muss ich mich schon ein paar Stunden dran setzen. Es braucht ein wenig wieder in die Welt des Romans einzutauchen, um dann weiter zu schreiben. Allerdings begleitet er mich zumindest gedanklich sehr wohl (fast) jeden Tag.
Allerdings stecke ich auch viel Zeit in das ganze Drumherum. Facebook, Internetseite, Instagram, … da gibt es auch viel zu tun. Ich denke im Schnitt dürften es gut fünf Stunden in der Woche sein, die ich für „Sandra Meijer“ nebenbei arbeite. Wenn ich mich dann aber wieder an einen Roman setze, kann sich das dann auch schnell steigern auf bis zu acht bis zehn Stunden jeden Tag.
Was machst Du, wenn Du mal nicht weiter kommst?
Meistens hilft schon mal ein Blick in eine andere Richtung. Wenn es mit dem Roman mal grad etwas stockt, lohnt es sich einen kurzen Spaziergang zu machen oder für diesen einen Tag die Arbeit ruhen zu lassen. Wenn man sich an einer Situation „festbeißt“ hilft das meist beim Arbeiten überhaupt nicht.
Was nervt Dich bei der Arbeit als Autorin?
Die vielen „guten Ratschläge“ von Leuten, die neidisch auf Dich sind oder sich unbedingt selbst beweihräuchern müssen. Also keine wirklich ernst gemeinten Ratschläge, sondern solche die beginnen mit „So wie Du das machst, ist es total falsch!“. Das nervt mich sehr. Es gibt so viel Oberflächlichkeit und Neid unter Autoren. Was ich überhaupt nicht verstehen kann. Allerdings nervt mich das überall, nicht nur beim Autorenleben. Und wie bei allem gilt, es gibt nicht einen einzigen richtigen Weg. Finde Deinen eigenen Weg und gehe den. Dann bist Du immer richtig.
Wieviel recherchierst Du durchschnittlich für ein Buch?
Das liegt ein wenig an der Geschichte. Aber schon sehr viel. Beim ersten Roman war das vor allem die Recherche zu Orten und Landschaften. Ich habe viele Stunden mit Reisebüchern und dem Internet verbracht, um die Reise möglichst realitätsnah schreiben zu können. Beim zweiten Roman ging es dann bei der Recherche vor allem um die Arbeit der Polizei und Kriminaltechnik. Und natürlich um Psychologie und Emotionen, meine beiden Hauptprotagonisten haben schließlich schwere Schicksalsschläge hinter sich. Also in der Regel wird alles, was Du nicht weißt, zur Recherche. Orte, Berufe, Abläufe, Zusammenhänge, Geschichtliches …
Ist Dir eine gründliche Recherche wichtig oder schreibst Du aus dem Bauch heraus?
Ja und nein. In der Regel versuche ich die Recherche vor dem Teil des Romans abzuschließen, in der sie gebraucht wird. Denn wenn Du an einem Punkt ankommst und dann erst mal recherchieren musst, müsstest Du aus der Story komplett wieder raus. Beispielsweise habe ich erst viel über Barcelona recherchiert, bevor ich Alex auf ihrer Reise diese Stadt besuchen ließ. So kannte ich mich auch schon sehr gut aus und konnte die Situation besser beschreiben. Wenn ich da erst mit der Recherche begonnen hätte, wäre das sicherlich schwieriger gewesen. Aber manche Sachen entstehen auch spontan, da wird dann hinterher recherchiert ob das so in der Realität ist oder sich zutragen könnte.
Wie lange arbeitest Du an einem Buch?
Meine beiden Romane haben bei der Entwicklung jeweils etwa ein Jahr gebraucht. Von der ersten Idee bis hin zum fertigen Buch. Das liegt aber auch daran, dass ich mir nicht immer so viel Zeit nehmen kann, wie ich gerne würde. Ein typisches Autorenproblem. Zumindest für diejenigen unter uns, die nicht vom Schreiben leben können. Man braucht viel Zeit und Ruhe um einen Roman zu schreiben. Das gelingt mir nicht immer im Alltag. Also sind so ziemlich alle Urlaube und langen Wochenenden dann letztlich für das Schreiben drauf gegangen in der Zeit. Da braucht es schon ein wenig Durchhaltevermögen.
Schreibst Du einfach runter oder plottest Du erst die ganze Geschichte?
Ich entwickle die grundsätzliche Storyline schon vorher. Zumindest Teile davon als Eckpunkte. Wie eine Art Grundgerüst, welches ich dann beim Schreiben nach und nach ablaufe. Das ist aber ein laufender Prozess beim Schreiben. Ganz zu Beginn stehen dann vielleicht zwanzig Prozent der Geschichte fest. Der Rest entwickelt sich beim Schreiben. Ich mag es, da sich das Schreiben dadurch dem späteren Lesen sehr ähnlich ist. Ich weiß zu Beginn dann auch nicht, wohin sich das Ganze noch entwickelt und welche Abzweigungen die Geschichte nehmen wird.
Was hat es auf sich damit, ein „offenes“ Pseudonym zu haben?
Es ist gar nicht so leicht mit einem Pseudonym zu arbeiten, wenn man ganz am Anfang steht. Ich hatte mich für ein Pseudonym entschieden, da ich das Schreiben und meinen Beruf gerne voneinander getrennt halten wollte. Ich wollte nicht von Kunden oder Geschäftspartnern auf meinen Roman angesprochen werden. Doch um ein Pseudonym eintragen lassen zu können – und damit dann wie einen tatsächlichen Namen nutzen zu können – muss man einen „Nachweis erbringen, dass man Künstler ist“. Die Auslegung dieser Vorgabe ist Sache der einzelnen Städte und Gemeinde, bei denen man ein solches Pseudonym beantragen kann.
Zu Beginn meiner Karriere war mir das aber überhaupt nicht möglich, da ich ja noch nichts veröffentlicht hatte. Hinzu kommt dann die Impressumspflicht für eine Homepage in Deutschland. Wer eine Homepage betreibt, die keinen reinen privaten Charakter hat, ist dazu verpflichtet eine ladungsfähige Anschrift einzutragen. Mit dem nötigen Kleingeld gibt es Möglichkeiten, dies zu umgehen. Ich habe mich jedoch letztlich dagegen entschieden. Und direkt nach dem ersten Zeitungsartikel war es dann auch unnötig. Denn der Journalist hatte nicht nur mein Pseudonym und richtigen Namen genannt, sondern sogar meine Adresse. Tja. Künstlerpech! <grins>
Heute bin ich sehr stolz. Auf mein Pseudonym und auf meine Arbeit als Autorin. Also, was soll‘s?
Erfolg
Hast Du das Gefühl unter einem großen Druck zu stehen? Willst Du als Autor die Wünsche und Ansprüche Deiner Leser und Leserinnen erfüllen?
Ich bin davon überzeugt, dass es schwierig wird, wenn man es als Autor beginnt so zu sehen. Und ich habe diese Phase jetzt gerade (hoffentlich) hinter mir. Ja, man fängt irgendwann an darüber nachzudenken, was die Leser gerne hätten. Mein zweiter Roman ist sehr spannend, den Leserinnen und Lesern gefällt das, sollte ich also auch weiterhin spannende Romane schreiben? Im Allgemeinen habe ich das Gefühl, dass Krimis besser ankommen beim Publikum als ruhige Bücher wie „Jackpot!“. Warum verkauft sich ein Roman und der andere nicht? Aber letzten Endes ist das alles unwichtig. Es geht darum Geschichten zu erzählen. Unabhängig davon, was sich vielleicht gut verkaufen könnte.
Was war die schönste Begegnung mit Deinen Lesern?
Ich habe viele schöne Begegnungen schon erlebt. Meine Romane haben mich mitgenommen auf eine spannende Reise und führen mich immer wieder an neue Orte und lassen mich neuen Menschen begegnen. Aber hier eine meiner Lieblingsgeschichten:
Mein zweiter Roman war gerade raus gekommen und ich hatte eine Gratis-Aktion gestartet. Das Ebook zu „Blumentattoo“ war für vier Wochen gratis erhältlich. Ich hatte hierzu eine Werbekampagne auf Facebook gestartet an einem Freitag. Sonntagsmorgens erhielt ich dann unter anderem von einer Userin eine Nachricht über meine Seite, die wissen wollte wie genau sie das Ebook denn nun erhalten könnte. Und mit ein paar Tipps und Unterstützung hatte sie es gefunden. Sie bedankte sich und verabschiedete sich dann.
Am Abend erhielt ich noch eine Nachricht von ihr. Eine sehr lange, emotionale und wunderschöne Mail. Sie hat den Roman über Tag verschlungen und zum Abend hin bereits zu Ende gelesen. Sie war so begeistert, dass sie all ihren Mut zusammen nahm um mir das mitteilen zu können. Ich war total gerührt. Habe sogar ein paar Tränen verdrückt. Das war ein total tolles Erlebnis. Wir haben uns dann auch einige Zeit später persönlich getroffen und sie hat selbstredend den Roman als Taschenbuch mit persönlicher Widmung von mir geschenkt bekommen. Das ist ein schöner Grund, warum man all die Zeit investiert in die Erschaffung und die Vermarktung eines Romans.
Kann man vom Buchverkauf leben?
<lacht> Ich habe irgendwann mal ein paar Zahlen dazu recherchiert, weil die Frage eigentlich bei jeder Lesung mal auftaucht. Ich weiß nicht, wie aktuell die Zahlen noch sind, aber nur um mal ein Gefühl dafür zu bekommen: Bekannte Autoren verdienen etwa 20.000 bis 25.000 Euro per Jahr. Die zehn Topverdiener in Deutschland teilen sich insgesamt 41% der Gesamteinnahmen. Wenn man also zu den Top 10 gehört, kann man das sicherlich. Aber andernfalls eher nicht. Wenn man sich überlegt, dass in Deutschland ein Buch als Bestseller gilt, wenn er sich 15.000 Mal verkauft hat und jeder Autor etwa 10% des Preises erhält, kann man sich schnell vorstellen, dass die meisten Autoren nicht sehr viel Geld verdienen. Daran scheitern übrigens auch viele Buchprojekte. Neben dem Brotjob noch genügend Zeit zu finden, um ein solches Projekt auf die Beine zu stellen ist sehr schwierig.
Was würdest Du gerne mal erreichen mit Deinen Büchern?
Ich möchte Menschen berühren mit meinen Worten. Das ist mir bereits gelungen und darauf bin ich sehr stolz. Das darf gerne so weiter gehen.
Hast Du ein Geheimrezept für Deinen Erfolg?
Sei Du selbst! Und mach, was DU allein für richtig hältst!