Sandra

Im Mai 1981 erblickte ich das Licht der Welt. Auf Grund der beruflichen Veränderungen meines Vaters zog es uns von Steinfurt über Nordwalde nach Hürth. Heute jedem ein Begriff, dank der großen Fernsehstudios, die sich dort angesiedelt haben. Doch Anfang der Achtziger Jahre war davon noch nichts zu sehen. Wir blieben nicht lange in dieser Stadt wohnen und doch habe ich hier meine ersten Erinnerungen aus meiner Kindheit. Ich war fünf, als wir nach Telgte zogen. Zurück ins Münsterland. Dort wurden meine Eltern sesshaft und ich verbrachte meine Kindheit und Jugend in dem Wallfahrtsort an der Ems.

Wie so viele Autoren, habe ich schon früh mit dem kreativen Schreiben begonnen. Ich konnte kaum den Stift gerade halten, da hab ich mich schon für die Märchen AG in der Grundschule gemeldet. Seine eigenen Geschichten ausdenken, Figuren entwickeln. Von da an hat es mich nie wieder richtig losgelassen. Im Jugendalter kaufte ich mir DINA4 Schreibhefte, nur um sie – zum Teil über Nacht – mit Geschichten zu füllen. Das Schreiben half mir dabei Dinge zu verarbeiten oder unschöne Erlebnisse und Erfahrungen umzuwandeln in schöne Emotionen und Hoffnungen.

Nach der Schule begann die Zeit des Arbeitens. Ich entschied mich für eine kaufmännische Ausbildung. Und die erste (richtige) Beziehung bahnte sich an. Mit ihr kam die Zeit von Gedichten, herzzerreißenden Liebesbriefen und schmerzerfüllten Trennungsballaden. Die Art des Schreibens verwandelte sich von frei erfundenen Geschichten zum Ausdruck meiner tiefsten Gefühle. Worte auf Papier ermöglichten mir einen intensiven Zugang zu mir selbst und später auch zu anderen. Sie wurden zu einer Musik, die mich dann und wann in ihren Bann zog.

Mehrfach versuchte ich mich an dem großen Projekt. Ein eigener Roman. Und ich scheiterte über Jahre, ja sogar ein Jahrzehnt an dieser fixen Idee. Der Versuch eine Geschichte auf Papier zu bannen verschwand nach und nach und die schönen Worte und langen Gedichte folgten ihm nach. Bis nur noch ein Hauch davon übrig geblieben war.

Und so kam es, dass ich 2014 auf einen Menschen traf, der nur so übersprudelte vor Kreativität. Ein wirklich toller Musiker, den ich online kennen lernte. Wir verbrachten eine wundervolle Zeit zusammen und er war es, der mich immer wieder an diese Seite in mir erinnerte. Jeden kleinen Gehversuch, den ich in unserer gemeinsamen Zeit wagte, feierte er mit überschwänglichem Lob. Eine Motivation, die nicht ohne Folgen blieb. Unser Kontakt hielt dem Alltag nicht lange stand. Sein Weckruf jedoch schon. Die Kreativität in mir wurde zur Knospe, zur Blüte und schließlich zur Blume. Sie ließ sich durch nichts mehr beirren und schließlich fand sie ein Ventil.

Ich saß im Sommerurlaub auf der Veranda in der Sonne und wusste nichts richtig mit mir anzufangen. Mit einem Kribbeln in den Fingern, setzte ich mich an mein Laptop. Eine grobe Planung für den Roman hatte ich schon erstellt. Ein Gespräch über „Was machst Du, wenn Du im Lotto gewinnst“ traf auf einen Stapel Reisebücher, den ich für den eigentlich geplanten Urlaub besorgt hatte. Ich wollte nämlich mit meinem besten Freund einen Trip in den Süden machen. Das war jedoch kurz vor Abfahrt ins Wasser gefallen. Und so wurde aus unserer echten geplanten Reiseroute, die Route die meine Protagonistin Alexandra in Angriff nahm.

Kaum hatte ich die ersten Wörter geschrieben, wurden sie zu Zeilen, zu Seiten und zum ersten Kapitel. Das zweite folgte auf dem Fuße. Ich hörte gar nicht mehr auf zu schreiben. Und so erschuf ich in den ersten Tagen dort in der Sommersonne die ersten hundert Seiten von „Jackpot!“. Mir war nicht klar, dass es am Ende tatsächlich der Roman werden würde, auf den ich schon so lange vergeblich gehofft hatte. Ich wusste nur, es war mehr als ich bis dato je an einem Stück geschrieben hatte. Der Sommerurlaub ging zu Ende und der Alltag schluckte jeden Versuch, an diesem Projekt weiterzuarbeiten.

Es dauerte Wochen, bis ich endlich wieder weiter schreiben konnte. Was gut war, da sich die Geschichte in dieser Zeit in meinem Kopf weiter entspinnen konnte. Und ich schrieb die nächsten Seiten und Kapitel. Weiter und weiter. An jedem langen Wochenende und jedem Urlaubstag, bis ich genau ein Jahr später auf dem gleichen Platz unter der Sommersonne das Wort „Ende“ tippte.

Ich lehnte mich im Stuhl zurück und scrollte langsam und erhaben durch das Dokument. Dreihundertachtzig Seiten. Wort für Wort aus meinen Gedanken entsprungen und auf Papier gebannt. Jeder Ort, jede Unterhaltung, jedes Zwinkern und Lächeln, jede Handlung und jede Entscheidung von mir erschaffen. Das war schon ein gutes Gefühl. Ich hatte es tatsächlich endlich geschafft. Mit vierunddreißig Jahren hatte ich endlich meinen ersten eigenen Roman geschrieben. Und jetzt?

Natürlich möchte man an sich glauben. Natürlich möchte man davon träumen, dass die Welt nur darauf wartet, endlich diese Geschichte zu lesen und zu erleben, die ich mit meinen eigenen Händen erschaffen hatte. Auch ich war und bin eine Träumerin. Aber auch Realist genug um zu wissen, dass es da draußen sehr viele Fische im Teich gibt. Und letztlich bremst mich auch meine ziemlich hohe Selbstkritik und mein Hang zum Perfektionismus in den meisten Fällen aus. Zeit für einen guten Rat. Also habe ich das Dokument ausgedruckt und einer Freundin gebracht. Meiner allerliebsten Privat-Lektorin und der Grund für alles was danach kam. Ich wusste, sie würde mir ihr ehrliches Urteil sagen. Sie würde nicht scheuen meine Gefühle zu verletzen, wenn das nötig gewesen wäre. Doch sie tat es nicht. Als sie mich (endlich!!!) nach ein paar Tagen anrief, sagte sie mir, dass ihr der Roman gefallen würde. Und der Startschuss war gefallen.

Es folgten diverse Korrekturen und ich las das Buch wieder und wieder. Und dann packte ich alles zusammen, was es so braucht. Auszug aus dem Roman, Lebenslauf, Zusammenfassung des Romans, Inhaltsverzeichnis und was auch immer sonst noch so abgefragt wurde. Aus dem Internet fischte ich mir eine lange Liste mit Verlagen, die in Frage kamen und sendete über dreißig von ihnen meine Unterlagen zu. Es folgte eine gähnende Stille. Ich glaube die Reaktionen, die ich bis heute im Laufe der Zeit erhalten habe (Absagen natürlich), kann ich an einer Hand abzählen. Von den restlichen Verlagen kam nicht einmal das.

Doch wenn ich mich einmal an etwas festgebissen habe, dann bleibe ich auch dabei. Koste es was es wolle. Und es gab ja eine Alternative: das Selfpublishing. Im Frühjahr 2016 veröffentlichte ich also mit Hilfe des Verlags Books on Demand meinen ersten eigenen Roman als Selfpublisher. Dabei sorgt der Verlag dafür, dass das Ebook in diversen Shops angeboten wird und druckt bei Bestellung meine Bücher für die Leser[innen]. Was mir die Möglichkeit gab, Anfang April meinen Roman in Händen halten zu können. Ein wirklich tolles Gefühl.

Und während ich nun mit dem Marketing für mich und meine Roman begann und sogar die erste Lesung nicht lange auf sich warten ließ, war der zweite Roman schon fleißig dabei zu wachsen. Die Idee zum Roman kam mir schon, als ich mit „Jackpot!“ noch nicht fertig war und ich hatte Mühe mich weiter auf das erste Projekt zu konzentrieren und nicht direkt mit dem zweiten anzufangen. Doch kaum hatte ich ihn auf die Reise zu den Verlagen geschickt, da flogen meine Finger wieder über die Tastatur und bauten Zeile um Zeile den Grundstock für „Das Blumentattoo“.

Fast die komplette zweite Hälfte dieses Romans schrieb ich dann (wieder mal) im Sommerurlaub. Ein weiteres Mal fügte ich das Wort „Ende“ einem Manuskript hinzu. Und dieser Roman war anders. Während ich beim ersten Roman noch „Laufen“ lernen musste, war der zweite eher der Versuch meine Grenzen auszuloten und diese zu überschreiten. Wie weit würde ich gehen können, mit den Bildern die sich in meinem Kopf formten. Es entstand ein spannender Roman, der tief unter die Haut geht und die Leser[innen] reihenweise in seinen Bann zieht. Das alles war jedoch noch nicht abzusehen, als auch dieser Roman zu meiner Freundin wanderte. Doch auch für ihn bekam ich ihre Zustimmung.

So kam es also, dass nur sieben Monate nach meinem ersten Roman, gleich schon der Zweite folgte. Eigentlich allein dem Umstand geschuldet, dass ich keinen Moment länger ausharren wollte. Passend kurz vor der Weihnachtszeit brachte ich ihn mit einer „Kostenlos-Aktion“ für das Ebook auf den Markt. Ich schöpfte alle Marketing Strategien aus, die ich mir bis dahin angeeignet hatte und es zeigte Wirkung.

      Platz 11 der Amazon Chats,

      Platz 7 der Charts meines Verlages Books on Demand.

Über 5.000 Mal fand mein Roman seinen Weg zu einem neuen Leser / einer neuen Leserin. Und ich war und bin bis heute sehr stolz auf das Ergebnis und auf die tollen Wunder, die sich daraus ergeben haben.

Die ersten beiden Romane wurden von mir in jeder freien Minute und an jedem freien Tag in einem Zeitraum von zwei Jahren erarbeitet und geschrieben. Als der zweite auf dem Markt kam, war ich erschöpft. So gerne ich direkt weitermachen wollte, es tat sich keine neue Idee auf, die mich länger als ein paar Seiten in ihren Bann zog. Irgendwie schien mir da etwas im Weg zu sein. Heute weiß ich, dass es erst eine ganz bestimmte Geschichte war, die ich erzählen musste. Nämlich meine.

Ich erhielt Ende 2017 die Diagnose Morbus Pompe. Nach über zwanzig Jahren Unsicherheit hatte ich endlich einen Namen für das, was mit mir nicht stimmte. Wochen vor diesem Termin, der mein ganzes Leben veränderte, hatte ich angefangen meine Erlebnisse und Gedanken, meine Ängste und meine Hoffnungen auf Papier zu bringen. Eine Art Tagebuch hatte sich entwickelt. Rückblickend folgte die schwierigste, aber auch die erfüllendste Zeit bislang in meinem Leben. Ich bin heute sehr dankbar dafür, dass mich dabei immer das Schreiben begleitet hat.

Im Sommer 2019 veröffentlichte ich daher endlich meinen dritten Roman, der die beiden Hauptpfeiler meiner Kreativität miteinander verbindet. Das Erzählen (m)einer Geschichte und die Möglichkeit des tiefen Zugangs zu mir selbst und meinen Gefühlen. In einem sehr offenen, emotionalen und tiefen Roman begleiten mich die Leser[innen] während eines Jahres meines Lebens und lernen mit mir was es bedeutet, mit einer unheilbaren Krankheit zu leben….